Montag, 4. Juli 2011

Die Dreifaltigkeit des Nachmittagsfernsehens

Schaut man sich den immer weiter anwachsenden Markt von so genannten „Reality Shows“ an, könnte man eigentlich in Schockstarre verharren und die Hände über dem Kopf zusammen schlagen. Man kann sich echauffieren und zetern, dass diese neuartigen Waffen zur Massenverdummung auf gar grausige Art und Weise Erfolg haben. „Dschungel-Camp“, „Mitten im Leben“, „Bauer sucht Frau“ und neuerdings „Schwer verliebt“ führen eine Großoffensive gegen elementare Vorstellungen des sozialen Zusammenlebens und der Intelligenz!


Aber greift diese einfache, schimpfende Kritik nicht zu kurz? Muss man nicht den Blick mal auf die anderen Seite der Medaille richten und das Pferd von hinten aufzäumen? Starten wir mal einen Versuch.


Ja, echt witzig wie sich diese „Unterschicht“ mit ihrem asigen Prollgehabe in der Mattscheibe der Lächerlichkeit preisgibt, haha. Selten so gelacht. Aber sind sie nicht Teil eines viel größeren Übels? Einer Gesellschaft, die eben Dieses aus sich selbst produziert?


Natürlich werden für dieses Format naive und leichtgläubige Menschen ausgesucht und mit ein wenig Geld geködert, die sich eventuell gar keine Gedanken darüber machen, dass der Cutter und der Produzent jede noch so peinliche Kleinigkeit mit Musik untermalen, bissige Kommentare des Moderators drunter legen und so vielleicht ganz anders gemeinte Aussagen verfälschen. Für viele jener Teilnehmer stellt das TV nun einmal den Mittelpunkt ihres Lebens dar und verkörpert, so lächerlich es auch klingen mag, eben dieses. Die dem Fernsehen nicht absprechbare Vorbildfunktion (truth hurts, doesn’t it) sorgt genau dafür, dass sich diese Leute an Demütigungen gewöhnen, da ihnen diese tagtäglich präsentiert werden. Demütigungen anderer arbeitsloser, in finanzielle Schwierigkeiten gerutschter, teilweise verwahrloster Menschen. Ist es nicht diese Abstumpfung, gepaart mit finanziellen Problemen, die diese Menschen dazu bringt, den Schritt in eben diese Formate zu gehen, nur um wenigstens für einen Monat die Hartz-IV genannten Almosen des Staates, die sowieso nicht reichen, etwas aufzubessern? Ich sage nicht, dass diese Menschen völlig „schuldlos“ an ihrer eigenen Zurschaustellung sind, aber es ist in meinen Augen auch zu vermessen, sie alle als asoziales Pack abzustempeln, das diese öffentliche Vorführung und Demütigung von vorne herein so wollte.

Bleiben als nächstes die Produzenten und Sender, die uns tagtäglich mit diesen Kram zu sch(m)eißen. Renditeorientiertes Fernsehen lebt von hohen Einschaltquoten ihrer Sendungen, zwischen denen sie die Werbung (ihr Haupteinnahmefeld) möglichst gewinnbringend platzieren können. Eine reizüberflutete und abgestumpfte Gesellschaft braucht „außergewöhnliches“ Programm, in den meisten Fällen leider „außergewöhnlich geschmacklos“ oder „außergewöhnlich stumpf“. Auch hier sind es nur Rädchen im Getriebe, wenn auch schon mit mehr Macht. Aber leider heißt es nicht zu Unrecht: Never change a running system.


Bleibt also die letzte Gruppe, also diejenigen, die in meinen Augen hauptverantwortlich sind für die ganze Misere. Der Konsument VOR der Glotze. Wenn ich den Rädchen und den Opfern der Sendungen Macht in Form von hohen Einschaltquoten gebe, werden diese Programme weiter laufen. Denn der einfachste Weg, eine Sendung zur Absetzung zu bringen, ist immer noch die Verweigerung. Keine Quote, kein Gewinn. Ihr seid mündige Bürger, dürft Auto fahren und wählen gehen, also nutzt das Ding zwischen den Ohren mal für etwas Sinnvolles! Wenn wir nicht bewusster anfangen, zu selektieren und hinterfragen, bleibt am Ende tatsächlich nur noch der traurige, dann aber zutreffende Spruch: Jede Gesellschaft bekommt das TV-Programm, das sie verdient.

Um noch einmal auf das Nachmittagsfernsehen zurück zu kommen, hier ein Beitrag von "Panorama" zu genau diesem Komplex. Vieles des im Artikel Erwähnten taucht auch genau hier wieder auf.

1 Kommentar:

  1. Hallo Bomb3rman,

    schöner Beitrag zum Thema, wenn auch die Gedanken nicht wirklich neu sind, dafür aber kritisch verfass. Um ehrlich zu sein, sehe ich das Ganze genauso wie du. Der Konsument dieser Serien züchtet sich solche Programme. Programme, die im Gegenzug dafür Selbstbewusstsein oder einige Lacher schenke. Denn lachhaft ist es alle Mal. Und so schaue auch ich die ein oder anderre Sendung.

    Selbstbewusstein tut sich zwar bei mir nicht auf, aber wenn man sändig vor dem Fernseher parkt, gesellschaftlich vielleicht weiter unten angekommen, als man selbst wollte, tut es ja vielleicht auch gut zu sehen, welche Menschen es gibt und das man selbst doch nicht ganz so "dumm oder schlecht" ist. Feinsehen soll unterhalten und Spaß machen. Leider aber hat der Mensch selten Freude am Lernen und deshalb wird es wohl immer so bleiben: Dummheit unterhält! Am besten dann, wenn man über andere lachen kann. (Mache ich gerne bei: Ups die Pannenshow. ;)

    Liebe Grüße,
    - Sternchen

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