Freitag, 1. Juli 2011

Das Crack Baby Paradoxon

Barbara Harris in einer britischen Talkshow
Barbara Harris ist ein guter Mensch! Zumindest auf den ersten Blick.

Sie ist Mutter einer großen Familie, 8 Kinder hat sie insgesamt, 4 davon sind adoptiert. Sie bot ihnen ein neues zu Hause und einen fairen Start in ihr junges Leben, schenkte ihnen Liebe, Zuneigung und Verständnis.

All diese 4 adoptierten Kinder stammen von derselben drogenabhängigen Frau aus Los Angeles, die insgesamt 8 Kinder zur Welt brachte.

Solche Geschichten sind, wenn auch schockierend, nicht weiter verwunderlich. Viele Drogensüchtige die Crack-, Heroin-, Morphin- oder Metamphetaminabhängig sind rutschen aus finanziellen Gründen in die Prostitution und man kann sich vorstellen, was das Klientel der Freier in dieser Szene von Verhütung und Hygiene hält.

Fakt ist auch, dass die Säuglinge, die unter diesen Voraussetzungen auf die Welt kommen körperlich schwer geschädigt sein können durch den konstanten Drogenkonsum während der Schwangerschaft, viele dieser Kinder sind unmittelbar nach ihrer Geburt positiv auf die jeweiligen Drogen zu testen, die die Mutter konsumiert, ihr Leben beginnt mit einem Entzug. Allerdings darf man nicht soweit gehen, dies bei allen Kindern zu erwarten, viele kommen ohne Folgeschäden auf die Welt und leben ein normales Leben.

Dennoch brauchen diese Menschen Hilfe und Barbara Harris hat sich diesem Problem, dass sie durch ihre adoptierten Kinder aus erster Hand kennt, angenommen, allerdings völlig anders als man es zunächst erwarten würde.

Project Prevention: Children Requiring a Caring Community 

Sie startete das Programm "Project Prevention", eine "non-profit" Organisation, die mittlerweile sowohl in Amerika als auch im United Kingdom existiert.

Ziel der Organisation ist es, Drogenabhängige zur Langzeitverhütung oder Sterilisation zu bewegen.

Den Interessierten werden bis zu 300 Dollar geboten, falls sie sich zu einer entsprechenden Behandlung bereit erklären.

Harris argumentiert auf der Homepage der Organisation und in diversen Talk Shows, dass diese Menschen aufgrund ihrer Drogensucht nicht in der Lage sind, rationale Entscheidungen wie die  für eine Schwangerschaft zu treffen.

Dem mag man eingeschränkt zustimmen, doch bleibt dennoch ein markantes Gegenargument bestehen.


Wenn diese Menschen nicht fähig sind, sich bewusst für ein Kind zu entscheiden, wie können sie dann bewusst den Entschluss treffen, sich dauerhaft sterilisieren zu lassen? Hinzu kommt die überaus unethische Handhabung, potentiellen "Opfern" der Organisation Geld anzubieten.

Harris argumentiert hier, dass man sehr wohl das Geld stattdessen spenden könnte, dies aber nichts bringen würde, da staatliche Antidrogenprogramme ihrer Meinung nach uneffektiv sind.
Auf die Frage, warum ihre Organisation nicht ohne finanziellen Anreiz arbeite, antwortet sie sehr direkt, dass das Geld leider der einzige Köder wäre, der bei den Abhängigen wirke.

Der Fakt, dass das angebotene Geld mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit in Drogen umgesetzt wird ist für Harrris de facto kein Problem, in ihren Augen steht der Schutz des ungeborenen Kindes eine Stufe höher als das zukünftige Schicksal der Menschen, die sie als nicht zurechnungsfähig und im Prinzip nicht fortpflanzungswürdig abstempelt.

Die wohl traurigste Schlussfolgerung dieser ganzen Misere ist wohl, dass Harris durch ihre Arbeit für "Project Prevention" ihren eigenen Kindern vorlebt, dass es besser gewesen wäre, wenn sie nie geboren worden wären.

Es ist ein schwieriges Thema, denn irgendwo mag man Harris Recht geben. Natürlich sind Menschen, die schwer drogenabhängig sind, sozial und oft geistig nicht in der Lage, rationale Entscheidungen zu treffen und häufig sind geborene Kinder eben nicht mehr als Seitenprodukte dieses Teufelskreises,

aber

berechtigt das Barbara Harris oder irgendjemanden sonst, diesen Menschen anstelle von kompetenter Hilfe Entscheidungen abzunehmen, die sie eventuell nach durchgemachter Entzugstherapie vielleicht ein Leben lang bereuen werden?

Noch bis 1981 wurden in den USA Zwangssterilisationen durchgeführt und zwar sowohl an Kranken, Behinderten, Verbrechern als auch später vermehrt Afroamerikanern.

Ist es rechtens und moralisch jemanden, der Behindert ist zu sterilisieren, nur weil man der Meinung ist, er ist nicht fähig oder berechtigt entsprechende Entscheidungen zu treffen?

Man begibt sich hier ethisch gesehen auf Glatteis, was zumindest in Bezug auf die Drogensucht sinnlos ist, als dass es mit Entzugskliniken, Sozialarbeitern und staatlich geförderten Programmen bezüglich der Aufklärung über Drogen und Verhütung Methoden gibt, die effektiver und moralisch vertretbar sind.

Da Barbara Harris Amerikanerin ist, lege ich ihr nahe, die "Virginia declaration of rights" nochmal zu lesen, speziell Artikel 1:

"That all men are by nature equally free and independent, and have certain inherent rights, of which, when they enter into a state of society, they cannot, by any compact, deprive or divest their posterity; namely, the enjoyment of life and liberty, with the means of acquiring and possessing property, and pursuing and obtaining happiness and safety."

"Alle Menschen sind von Natur aus in gleicher Weise frei und unabhängig und besitzen bestimmte angeborene Rechte, welche sie ihrer Nachkommenschaft durch keinen Vertrag rauben oder entziehen können, wenn sie eine staatliche Verbindung eingehen, und zwar den Genuss des Lebens und der Freiheit, die Mittel zum Erwerb und Besitz von Eigentum und das Erstreben und Erlangen von Glück und Sicherheit."

1 Kommentar:

  1. In Deutschland gab es auch mal so eine Zeit. Da wurde auch beschlossen, das einige Bürger nicht "fortpflanzungswürdig" sind.

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