Montag, 12. Dezember 2011

EU-Exekutions-Export endet!

Lethal injection Raum in San Quentin
Der Tod ist ein Exportschlager aus Deutschland, und das Geschäft läuft lief gut!

Dass dies auch noch lange nach Ende des zweiten Weltkrieges der Fall ist und praktisch bis gestern noch der Fall war ist den wenigsten bewusst.

Man könnte hier anfangen zu philosophieren, Auslandseinsätze der Bundeswehr als Grund nennen, Gewaltverbrechen und Mordserien aufzählen, doch all das ist bei weitem weniger schockierend und kontrovers als das Thema, das ich hier anschneiden will.

7. Dezember 1982

Der Texaner Charlie Brooks Jr. wird an diesem Tag aufgrund des Mordes an einem Autohändler hingerichtet. Seine Hinrichtung sorgte für großes mediales Interesse, war er doch der erste Häftling, der seit Widereinführung der Todesstrafe mit einer letalen Injektion, der sogenannten "Giftspritze" hingerichtet wurde.
Auch heute kann man sich die dafür verwendeten Utensilien im Texas Prison Museum in Huntsville ansehen.

Doch was genau ist diese letale Injektion und wie wirkt sie?
Nun, dem Verurteilten werden zwei venöse Zugänge gelegt, um abgesichert zu sein, falls ein Zugang nicht mehr verwendbar ist.

Als erstes wird dem Patienten Thiopental verabreicht, ein kurzwirksames Barbiturat, dass für die Narkoseeinleitung bei kleineren Eingriffen verwendet wird. Die Dosis wird entsprechend hoch angesetzt, dass alleine sie schon tödlich wäre.

Im zweiten Schritt wird ein Muskelrelaxanz verabreicht, welches sämtliche Muskeln, abgesehen vom Herzmuskel lähmt.

Im letzten Schritt wird Kaliumchlorid verabreicht, ein Mittel, welches einen Herzstillstand verursacht und bei offenen Herz Operationen als Lösung verwendet wird.

Der springende Punkt um den es hier geht ist das Thiopental.
Ein großer Kritikpunkt war schon immer, dass Thiopental zu den kurzwirksamen Barbituraten gehört (durchschnittliche Wirkzeit 5-15 Minuten) und entsprechend wird kontrovers die Möglichkeit diskutiert, dass Verurteilte trotz der Überdosierung wieder aufwachen und bei vollem Bewusstsein die Muskellähmung und Herzschlagsenkung miterleben.
Tierärzte verwenden aus diesen Gründen langwirksame Barbiturate bei Einschläferungen.

Fakt ist, dass die Zusammensetzung dieses "Giftcocktails" fest vorgeschrieben ist und man nicht einfach nach Belieben Substanzen austauschen darf.
Hier stellt sich allerdings das Problem, dass Hospira, der einzige amerikanische Hersteller von Thiopental sich weigert, sein Medikament für Exekutionszwecke auszuliefern.

Entsprechend kommen wir zu unserem Anfang zurück:

Der Tod ist ein Exportschlager aus Deutschland, und das Geschäft läuft lief gut!

Österreich, Großbritannien, Deutschland und weitere Länder werden genannt, entsprechend des Lobbyhintergrundes der Pharmakonzerne ist es schwierig Firmennamen zu nennen, man legt Wert auf dezentes Auftreten.
Man findet Presseerklärungen, die die Verwendung von Medikamenten zu Exekutionszwecken scharf verurteilen, gleichzeitig weist man aber darauf hin, dass man selbstverständlich nicht Großhandel oder Apotheken auf ihre Exportgewohnheiten kontrollieren könne, ein wahrer wenn auch bitterer Fakt.

Der alleinige Fakt, dass es rechtlich bislang möglich war, ist ein Faustschlag in den historischen Hintergrund unseres Landes.

Erlass des Euthanasieprogramms
Waren es doch nicht die Amerikaner, die die Idee der letalen Injektion erstmals massentauglich machten, vielmehr kam dieser Gedanke Karl Brandt, seines Zeichens SS-Arzt und chirurgischer Arzt Adolf Hitlers. Er brachte die Idee der letalen Injektion im Zuge des nationalsozialistischen Euthanasieprogrammes zur Sprache.
Todesspritzen sollten also der nationalsozialistischen Rassenhygiene dienen und nicht lebenswertes Leben auslöschen, darunten fielen Behinderte, Geisteskranke und sozial wie rassisch Unerwünschte.
Ganz klar muss hiervon die oft diskutierte Sterbehilfe abgegrenzt werden, diese hatte mit dem Programm der Nationalsozialisten nichts zu tun, es ging hier nicht um die Erleichterung der Schmerzen eines Sterbenden, sondern vielmehr um das Bewusste Ermorden von Menschen!

Neben dem Euthanasieprogramm fanden ähnliche Exekutionsmethoden auch in verschiedenen Konzentrationslagern statt.

Mit kommendem Freitag wird dieser unfassbaren Ironie der Exportmöglichkeit nun ein gesetzlicher Riegel vorgeschoben.
Kurz- und mittelfristig wirkende Barbiturate dürfen aufgrund einer verabschiedeten Ausfuhrgenehmigungspflicht nur noch in Form von Sondergenehmigungen aus der EU exportiert werden, die Mehrzahl der Mitgliedsstaaten hat sich bereits für diese Regelung ausgesprochen.

So erfreulich diese Nachricht auch ist, sie hinterlässt einen bitteren Nachgeschmack. Ist doch die Position der Europäischen Union schon seit langem geregelt, was das Thema Todesstrafe angeht.

Artikel 2, Absatz 1 und 2 der Charta der Grundrechte der europäischen Union sagen ganz klar:

Recht auf Leben
(1) Jeder Mensch hat das Recht auf Leben.
(2) Niemand darf zur Todesstrafe verurteilt oder hingerichtet werden.


Die EU Leitlinien zur Todesstrafe sprechen hier sogar noch deutlichere Worte:

"Die Ziele der Europäischen Union sind:
Streben nach weltweiter Abschaffung der Todesstrafe als eine von allen EU-Mitgliedstaaten mit Nachdruck vertretene Politik; falls erforderlich mit der unmittelbaren Einführung eines Moratoriums für die Anwendung der Todesstrafe mit Blick auf deren Abschaffung;

hinsichtlich der Länder, in denen die Todesstrafe noch besteht: Aufruf zur schrittweisen Ein-schränkung ihrer Anwendung und Drängen auf Einhaltung der weiter unten dargelegten Min-destnormen bei einer etwaigen Vollstreckung der Todesstrafe, wobei genaue Angaben über die Zahl der Menschen zu ermitteln sind, die zum Tode verurteilt sind, deren Hinrichtung bevorsteht und die hingerichtet wurden.
Diese Ziele sind ein wesentlicher Bestandteil der Menschenrechtspolitik der EU."



Ich frage mich, wie man für eine Abschaffung plädieren kann, wenn man Teil der Beschaffung ist. In dieser Hinsicht hat unser Minister also indirekt mehr Rückgrat zur EU bewiesen, als viele seiner Kollegen es jemals werden!
 
Im Prinzip sind wir hier wieder bei dem setting der Pharma Lobbyisten: Offiziell wird alles auf das schärfste verurteilt, aber wie kann man jemanden den politisch verurteilen oder Exportzusagen streitig machen, wenn man in noch braucht?


Abschließen möchte ich, ironischerweise, mit einem Zitat aus dem 8. Zusatzartikel der Vereinigten Staaten von Amerika:


"Excessive bail shall not be required, nor excessive fines imposed, nor cruel and unusual punishments inflicted."

(Es sollen weder übermäßige Kautionen verlangt noch übermäßige Bußgelder verhängt noch grausame und ungewöhnliche Bestrafungen angewendet werden.)







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