Freitag, 9. Dezember 2011

Yo Ho Piraten, ho ho Weihnachtsmann!

Ende November, 20 Uhr, Besuch des hiesigen Weihnachtsmarktes. Für die einen kennzeichnen die aufgebauten Stände den Beginn der besinnlichen Zeit, für mich symbolisieren sie eher die alljährliche Ansammlung an Kitsch, billigem Glühwein und verzerrter Lautsprecherweihnachtsmusik.

Ich steuere als erstes den nächstgelegenen Glühweinstand an, nicht weil er gut schmeckt, nicht weil mir kalt ist und erst recht nicht weil er günstig ist. Ich bin schlicht und ergreifend lieber betrunken bevor ich meine erste Runde drehe.

Auf dem Weg zu Theke schlägt mir der typisch süßliche Glühweingeruch entgegen, die Luft ist so zuckerreich, dass ich noch bevor ich bestellen kann sicher bin, dass ich nun Diabetes habe.

Die mehr als gestresste Dame hinter dem Thresen fragt mich genervt was ich haben will:

"Einen Becher Rum mit einem Schuß Glühwein bitte!"

Sie sieht mich mit fragendem Blick an, zögert einen Moment und greift dann zur Rumflasche und mischt mir genau das, was ich bestellt habe. Ich glaube, wenn man seit Mitte November hier ausschenkt akzeptiert man den Gedanken, dass man Typen wie mich entweder mit Nichtigkeit straft oder automatisch die Prozente ihrer Getränke so hoch wie möglich hält!

Ich drehe mich um und stelle mich nicht weit entfernt an einen der Stehtische und beginne mit der Druckbetankung. Nach wenigen Minuten gesellt sich ein junges Pärchen zu mir, wir kommen ins Gespräch und ich erwähne beiläufig die Ironie, die darin liegt, dass man sich hier, am Ground Zero der besinnlichen Zeit, prinzipiell am liebsten besinnungslos trinkt.
Mein männliches Gegenüber stimmt mir zu und behauptet, dass die schräge Musik aus den Boxen anders auch nicht zu ertragen sei. Seine weibliche Begleitung ist da traditioneller unterwegs. "Ich trinke den Glühwein zu Beginn gerne um mich aufzuwärmen, bevor wir die erste Runde starten". Ich frage die beiden was genau sie mit Weihnachtsmärkten verbinden. "Kitsch, Kälte und Klühwein" schießt er lachend hervor und ich stimme ihm still zu während ich den Rum im Kampf gegen meine Sinne unterstütze und mich frage, ob der KKK in ähnlichem Zustand zu seiner Namensgebung kam.

Tatsächlich ist es gar nicht so einfach einen Grund zu finden, warum man sich hier den Hintern abfriert, die Dinge die man hier kaufen kann haben noch nie meinen oder den Geschmack mir bekannter Leute getroffen und noch nie hat man auf einem deutschen Weihnachtsmarkt die Worte "Ich komme wegen der Glühweinkarte" gehört.

Ich begebe mich zur Theke und bestelle die zweite Runde "Glühwein flavored Rum" und rechne der Dame hoch an, dass sie das Mischverhältnis ganz natürlich meinen Bedürfnissen anpasst.
Was soll es, sage ich mir, es gibt immer irgend einen Grund zu trinken, man muss dem Kind nur einen Namen geben. Wenn wir ehrlich sind dauert es maximal noch ein paar Monate, bis wir Mitte des Jahres ein alljärliches Piratenfest mit Wein, Weib, Gesang und Brandschatzen einführen. Augenklappen, Säbel und Somalier inklusive.


Nicht dass ich was dagegen hätte, wenn ich  so in einige Gesichter hier um mich schaue, wird mir schnell klar, dass die Mentalität eines freibeutenden, Rum trinkenden und hässlich anzusehenden Piraten in jedem von uns hier steckt, Blackbeard hätte sich hier ganz sicher zu Hause gefühlt und Störtebeker würde auch noch kopflos durch die Reihen tanzen.
Teufel, ich müsste vermutlich nur einmal laut "Lichtet den Anker" rufen und die Hälfte der hier Anwesenden würden laut schreiend den Glühweinstand abfackeln, den Souvenirstand plündern und den Weihnachtsmann an den Christbaum fesseln. Wenigstend wäre das dann eine Situation, mit der ich was anfangen könnte!

Mit den verkleideten Gestalten, die den Weihnachtsmann darstellen sollten hielt ich es von klein an immer wie mit den großen Plüschgestalten in Parks: Ein kräftiger Schienbeintritt hat noch jede Micky Mouse wach bekommen und Respektlosigkeit lehrt Selbstbewusstsein! Im Prinzip wird von dir sogar erwartet das zu tun. Welchen anderen Grund soll es geben, eine erwachsene Person in ein Kostüm zu stecken, das Laufen praktisch unmöglich macht und dein Sichtfeld Richtung null schiebt. Die Schienbeintritte sind also nichts weiter als Erinnerungsstützen an die Sinnlosigkeit all dessen.

Faire Arbeitsteilung, oder?
Tatsächlich gehöre ich noch der Generation derer an,denen an Weihnachten Angst in Form von Knecht Ruprecht gemacht wurde. Knecht Ruprecht, der arme alte Schlucker und Handlanger des Nikolaus, der für all seine Schlepperei und Ackerei am Ende nicht mal heilig gesprochen wurde, im Prinzip also vom Nikolaus ausgebeutet wurde!
Dies ist nicht weiter verwunderlich, kommt doch der heilige Nikolaus aus Patara, der heutigen Türkei, wo die Sklaverei bis 1855 noch Gang und Gebe war!
Und welch anderen Grund gäbe es, einem alten bärtigem Mann quzer durch die Wälder seinen Kram hinterherzutragen, wenn nicht auf unfreiwilliger Basis? ;)


Aber so ist die weihnachtliche Zeit nunmal, auf einmal hat sich die ganze Menschheit lieb, vergessen sind die Kriege, Massaker und politischen Differenzen, lediglich die Taliban werden wohl wie jedes Jahr damit drohen irgendwie, irgendwo und irgendwann in die Luft zu sprengen und wenn sie es nicht tun, werden unsere Staatsoberhäupter schon für das Mindestmaß an Panik sorgen, das gehört mittlerweile auch zur Weihnachtstradition.
Man sollte es also einfach akzeptieren, Weihnachten gilt allgemein als besinnliche Zeit und darunter fällt wohl auch das besinnungslos Saufen!

Feliz Navidad!








Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen