Montag, 15. August 2011

Do it yourself: Staatsstreich für Anfänger!

Wenn Menschen zum ersten mal in Ägypten sind und die Pyramiden sehen fragen sich viele wie es möglich war, solch gigantische Bauten zu errichten.
Im Prinzip ist es recht simpel, denn die Pharaonen hatten 3 ganz grundlegende Werkzeuge dazu:

1. Den Willen unsterblich zu werden
2. Einen schier unendlichen Vorrat an entbehrlichen Sklaven
3. Macht

Während Punkt 2 und 3 eher mit der Zeit kommen ist Punkt 1 essentieller Bestandteil, wenn es Ihnen wie mir und "Brain" (Pinky und Brain) vorschwebt die Weltherrschaft zu erlangen.

Was höre ich da, alles nur Schall und Rauch, sowas ist heutzutage gar nicht mehr möglich. Nun genau in diesem Punkt irren Sie sich gewaltig. Wenn man dieser Tage einmal in den Nahen Osten schaut wird man schnell feststellen, dass Staatsstreiche und erneute Machtergreifungen Hochkonjunktur haben.

Also warum nicht mit aufs Pferd springen und sich im richtigen Moment gut plazieren, die Kurzanleitung "Do it yourself, Diktator werden" gibt es genau hier.

Punkt 1: Den Lebenslauf frisieren

Zuallererst müssen die Grundvoraussetzungen stimmen. Ihr Leben muss das Leid und Leiden des Volkes zumindest metaphorisch wiederspiegeln. Oder haben sie schonmal von einem Diktator gehört, der mit den Hiltons verwandt ist und 5 Jahre für die Denver Broncos als Quarterback gespielt hat? Eben!
Seien Sie theatralisch aber übertreiben Sie es nicht. Ein Leben als armer Bauer, hier und da eine Dürreperiode und natürlich die Politiker, die Sie fast haben verhungern lassen und fertig ist der zukünktige "El maximo Lider". Erwähnen Sie ruhig auch, dass Ihnen mit 5 Jahren ihr kleiner Hund Bello weggenommen wurde, dass erweicht die Herzen der härtesten Kritiker!

Punkt 2: Kleider machen Leute

Man kann nie genug Orden tragen!
Hitler, Castro, Mussolini, Stalin, Kim Jong-il, Mao Zedong, Dschingis Khan, Bin Laden und Gaddafi, sie alle hatten eins gemeinsam: Einen Faible für Militäruniformen. Schon seit der Lektüre des Buches "Kleider machen Leute" wissen wir um die Wirkung dieser Uniformen. Beginnen sie also frühzeitig in der Bewegung Ihren militärischen Hintergrund zu formen. Die Uniform muss dabei so prunkvoll wie möglich aussehen, stecken Sie sie mit Orden voll, wenn nötig auch mit besonders schönen Kronkorken, hauptsache es sieht danach so aus als wären sie schon mit Methusalem persönlich in den Krieg gezogen. Sorgen sie dafür, dass die Hälfte dieser Orden nicht offiziell existieren, damit sie Ihnen allein vorbehalten bleiben. Wenn Sie sich geschickt anstellen müssen Sie nie einen Graben von innen betrachten und werden trotzdem als Volksheld gefeiert! Gehrinschmalz ist gefragt.

Punkt 3: Reden reden!

Echte Diktatorenanwerber brauchen keine Waffen. Ihnen genügt ihr Schnodderwerk, will sagen der Mund. Die meisten Schlachten auf dem Weg zur Macht werden von Kanzeln aus und vor Mikrofonständern geschlagen also seien sie gewappnet. Wenn Goebbels gestottert hätte, meinen sie irgendwer hättetetetetete den tototaatataaatalen Krieg gewollt. Wenn Bin Laden statt in die Kamera auf einen Teleprompter geschaut hätte, hätten sie ihn dann noch ernst genommen. Was wenn Castro nicht so selbstverliebt stundenlange Reden gehalten hätte, sondern ein stimmschwacher Redemuffel gewesen wäre?
Schläferte Millionen mit stundenlangen Reden ein!
Halten Sie deshalb immer eine mitreißende Kampfesrede in Bereitschaft in der sie betonen wie weit Sie und ihre Mitkämpfer schon gekommen sind, wie niederträchtig das jetzige Regimé ist und was sie alles deshalb besser machen werden. Diese Rede können Sie übrigens unabhängig vom Zeitpunkt, der aktuellen Lage und der Richtigkeit der Dinge halten in der Sie sich befinden, solange sie nur oft genug Phrasen wie: "Das Volk sind wir", "Alle Macht dem Proletariat" und "Yes we can" wie mit einem Salzstreuer in der Rede verteilen. Falls sie unangenehme Tatsachen auf den Tisch bringen müssen, dann tuen sie dies auf die positivste Art und Weise, beispielsweise vor ausgewähltem Propagandapublikum!
Viele wundern sich bis heute, wie es Joseph Goebbels gelang einen vollen Saal zum Jubeln zu bringen als er fragt: "Wollt ihr den totalen Krieg?" Dass er diese Rede vor ausgewählten Offizieren und Patreiangehörigen hält und der Kriegsfortschritt längst beschlossene Sache war entgeht hier den meisten. Sich selbst bewusst über diese Ironie notiert er kurz nach der Rede in seinem Tagebuch: "Diese Stunde der Idiotie. Hätte ich gesagt, sie sollen aus dem dritten Stock des Columbus-Hauses springen, sie hätten es auch getan."

Punkt 4: Schulleistungen relativieren

Sind wir realistisch: Wer alles auf eine Karte setzt um an sein Ziel zu gelangen und Landesverrat riskiert kann keine Leuchte in der Schule gewesen sein. Muss man auch nicht, solange man die Noten in einen dem Lebenslauf angepassten Kontext bringt. Schon Hitler wusste das und fertigt auf den ersten 50 Seiten seiner Schrift "Mein Kampf" Jugend und Schulzeit ab und stellte unmissverständlich klar, dass die schlechten Schulnoten ja lediglich existierten, weil er schon damals nur für Geographie und Geschichte Interesse hatte und die Abweisung von der Kunstakademie ja lediglich aufgrund seiner Überqualifizierung vonstatten ging.
 Bundesarchiv, Bild 146-1990-048-29A / CC-BY-SA
Auch wenn wir uns einig sind, dass keiner von uns je eines dieser "überqualifizierten" Bilder in den Museen dieser Welt gesehen hat, so sollte man sich ein Beispiel an den Lügenmärchen nehmen, die uns der kleine Mann mit Mathedefiziten da auftischt.
Gehen sie ähnlich vor. Eine 5 in Kunst? Wahre Kunst wird doch zensiert in diesem Polizeistaat. Eine 4 in Mathe? Völlig einleuchtend, wenn man bedenkt, dass die Frau vom Mathelehrer jeden Freitag Nachmittag mit der Frau des amtierenden Kreispolitiker Tee trinkt. Eine 6 in Sport? Ja aber doch nur weil der Sportlehrer kein Verständnis für ihre alte Kriegsverletzung hat und Sie bewusst zurückhält.
Sie sehen also, für jede Note gibt es genügend Interpretationsraum, der Ihnen frei Hand lässt ihre Qualifikationen über jedes Benotungssystem erhaben zu machen. Wahre Größe beugt sich keinem blauen Brief!

Punkt 5: Du bist was du ißt!

Spätestens, wenn Sie ein paar Monate oder Jahre im Amt sind, werden die ersten Schreihälse laut, die Ihren Kopf auf einem Silbertablett wollen. Der Weg nach oben ist nämlich eben kein Spaziergang, Sie haben sich unter Garantie ebenso viele Freunde wie Feinde geschaffen. Treffen sie also entsprechende Vorkehrungen.
Lassen sie aus Prinzip alles vorkosten, denn ihre Laster sind unter Garantie jedem bekannt. Als Fidel Castro sich von den Westmächten abwandte und den Sovjets und damit Chruschtschow die Tür öffnete begann die CIA mit Attentatsversuchen, um den Maximo Lider zu beseitigen. Castros Geheimdienst spricht von über 600 Versuchen, die CIA gab mindestens 8 zu. Hierbei wurden Exil Kubaner, Mafiaattentäter, Bomben, vergiftete kubanische Zigarren, Essen, Wein, Schnaps und vieles mehr verwendet. Seien Sie also ähnlich kreativ und paranoid was ihre Vorsichtsmaßnahmen angeht. Ein frisch gebackener Kuchen von Ihrem politischen Nemesis sollte vielleicht doch erst einmal die Schwiegermutter vorkosten!

Punkt 6: Außenpolitik ist Innenpolitik

Sobald Sie erstmal Ihren eigenen kleinen Inselstaat besitzen, kann der Rest der Welt Sie mal. Wirtschaftskonjunktur ist doch was für Waschlappen, soll sich ihr Nachfolger darum kümmern, den die durchschnittliche Regierungszeit eines Diktators ist kurz, Castro hält den Rekord und Sie werden Ihn mit Sicherheit nicht knacken. Also heißt es Beine hoch und carpe diem, richtig?

Nicht gerade hübsch aber politisch oft unverzichtbar!
Falsch!

Schneller als Sie sich einen Mojito bestellen können stehen so oder so die ersten Herren in Anzügen an der Tür und fragen entweder wie es mit Ihrer politischen Gesinnung steht, was Sie von Menschenrechten halten oder ob sie mal kurz Langstreckenraketen in Ihrem Vorgarten parken dürfen.
In jedem Fall sollten Sie gut abwägen wem Sie die Hand schüteln und wem Sie ebenjene abschlagen. Denn der Arm der Weltwirtschaft ist lang und rote Zahlen im Staatshaushalt bedeuten rote Augen in der Bevölkerung. Ein bißchen Mathe muss also schon sein. Falls Sie das Gefühl haben alles geht den Bach runter und Sie werden nicht mehr Herr der Inflation treten Sie so schnell wie möglich der EU bei, die hauen jeden raus, sogar die Griechen!

Punkt 7: Es gibt ein Leben, ein Leben nach dem Tod

Sobald Sie Punkt 2 und 3 der am Anfang genannten Grundvoraussetzungen erreicht haben, wird es Zeit, an Punkt 1 zu arbeiten: Der Untserblichkeit!
Teures Geld in irgendwelche Kryotechnik zu stecken um sich selbst einzufrieren hat da eher keine Perspektive, bauen Sie sich alternativ ein Monument, dass Ihre Herrlichkeit für mindestens die nächsten Tausend Jahre unvergesslich macht.

Angemessen für die Ewigkeit!
Eine überdimensional große Statue, ein überproportional großes Grab mit Batmansymbol oder ihr Gesicht auf dem Mond wäre eine angemessene Würdigung Ihrer Herrlichkeit, ihrer Kreativität sind keine Grenzen gesetzt!
Stecken sie wenn nötig den halben Staatshaushalt in diese Aufgabe, denn nichts ist so rentabel wie die Unsterblichkeit. Allein durch die Schufterei für eine dieser Optionen werden Ihre Untertanen noch in tausend Jahren bei ihrem Namen seufzen und sich die Schwielen reiben!


Es gibt noch so viel mehr Dinge auf die man achten sollte und weitaus mehr, die man falsch machen kann, aber bis heute ist Diktator immer noch kein Lehrberuf und Praktikumsplätze sind rar gesäht.
 Fangen Sie deshalb erstmal mit diesen grundlegenden Punkten in kleinen Modellversuchen an. Der Spielplatz ist ein geeigneter Ort um seine Macht über die Sandkästen auszutesten oder wilde Reden von der Hüpfburg aus zu halten, vorausgesetzt man kann bereits reden.
Verweigern Sie das Essen zu Hause und drohen Sie mit Sanktionen, falls Ihre Eltern weiterhin darauf bestehen, dass das Gemüse gegessen werden muss. Deuten Sie in umschriebenen Metaphern an, dass 4 Wochen Urlaub im Keller noch keinem gefallen haben.
Mit der Zeit kommt dann der Rest von ganz alleine und wer weiß, vielleicht ist ihr Gesicht auch bald auf der Banknote.............ihrer selbst geschaffenen Staatswährung!

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