Freitag, 22. April 2011

Offener Brief an Senator John McCain

Lieber John,

Lange nichts mehr von dir gehört, wie geht es dir? Vermutlich hast du dir nach all dem Trubel der letzten Wahlen 2008 erst mal eine Auszeit genommen.
Das war ja auch eine harte Sache für dich, erst parteiintern gegen George im Jahr 2000 zu verlieren und dann, als deine große Chance kam, gewinnen die Demokraten, das muss frustrierend sein.

Doch gib nicht auf und lass dich nicht ärgern, aus Fehlern lernt man schließlich und schöpft neue Energie. 

Wie ich hörte hast du vor kurzem Libyen einen Besuch abgestattet, hast die dort kämpfenden Rebellen als "deine Helden" bezeichnet und ihnen versichert, wie wichtig es sei, dass die USA sie in jeder Hinsicht unterstützen.

Das ist nett von dir, man muss seine Freunde unterstützen und ihnen in schweren Zeiten beistehen, das zeichnet Freundschaft aus, alles andere wäre nur Heuchelei. Doch dabei ist wichtig zu wissen, wer deine Freunde sind John.

Und vor ein paar Jahren sah das noch ganz anders aus. Im Jahre 2006 ließ die Staatssekretärin Condeleezza Rice verlauten, dass die USA wieder vollwertige diplomatische Beziehungen zu Libyen aufnehme. Dies war eine Reaktion auf die Konsequenz, dass Gaddafi bereit war, den Bau von Massenvernichtungswaffen einzustellen, so schnell können sich Ansichten ändern!

Doch findest du es nicht scheinheilig jetzt medienpräsent den Rebellen mit deiner Anwesenheit den Rücken zu stärken? Im Prinzip machen sie gerade nichts anderes als Gaddafi selber damals, als er seinen Militärputsch durchführte.
Du betonst als Mitglied des Streitkräfteausschußes des US-Senats, dass die USA die führende Rolle in dieser kriegerischen Auseinandersetzung übernehmen sollte.
Hier habe ich eine einfache wie aufschlussreiche Frage:    Warum?

Warum ist es nötig, dass die USA Weltpolizei spielt und durch ihre Unterstützung den Ausgang dieser Revolution beeinflusst? Versteh mich nicht falsch, nichts ist sinnvoller als das sinnlose Sterben in diesem Land so schnell wie möglich zu beenden, doch muss man sich umgekehrt fragen, welche Motive ein Eingreifen hat. Wenn wir ein wenig weiter in den Irak schauen sehen wir, was das Eingreifen eines industrialisierten Militärapparates bewirkt: Erschreckend wenig.

Längst erleben die großen Armeen dieser Welt ein allgemeines Vietnam Revival, eine Zeit, die du selbst nur als allzu schrecklich in Erinnerung haben solltest. Taliban und Regimeverfechter haben längst erkannt, dass kurze kaum vorhersehbare Guerillaanschläge selbst eine weit überlegene Armee auf Dauer mürbe und ihr Dasein politisch untragbar macht. Die Menschen wollen nämlich nicht den Krieg in seiner ganzen Grausamkeit sehen, aber Resultate John, Resultate wollen sie und zwar in absehbarer Zeit. Krieg ist nämlich ein bisschen wie Casting Shows. Am Anfang finden sie alle toll und sind begeistert, aber gegen Ende interessiert es entweder keinen mehr oder man ist genervt davon und wünscht sich ein Ende.

Viele Witwen haben große Probleme damit, einzusehen, dass der Sergeant an ihrer Haustür "bedauert Ihnen mitzuteilen zu müssen, dass ihr Sohn Private First Class ..... in Ausübung seiner Pflicht gefallen ist." und sie sich gleichzeitig fragen müssen, worin genau diese Pflicht besteht.

Sind wir einmal realistisch John, selbst wenn man die Irakische Polizei nach bestem Wissen und Gewissen ausbildet, was wird denn geschehen wenn die US-Truppen wieder abrücken. Nun, die Taliban werden sicherlich nicht aufgrund der langen Gewöhnungsphase beschließen dauerhaft in den Bergen im Grenzgebiet zu Pakistan sesshaft zu werden. Wenn sie es schaffen der US Army solange Widerstand zu leisten, wie schwer wird es für sie sein, lokale Polizeieinheiten zu unterwandern?

Das alles klingt nach einer Seifenblase, gefüllt mit Träumen und Wunschvorstellungen. Zu glauben, dass all die Umstürze, die wir diese Tage sehen allesamt ein Schritt in Richtung Stabilität und Demokratie sind ist unrealistisch. In erster Linie sind es Schwächungen bestehender Strukturen und danach beginnt das gefährliche Tauziehen, der Menschen die am machthungrigsten sind.
Übrigens haben Seifenblasen es so an sich, früher oder später zu platzen, das ist eine Tatsache John.

Gaddafi mag ein "son of a bitch" gewesen sein, aber er war, genau wie Hussein oder Mubarak euer "son of a bitch", zumindest für eine gewisse Zeit. Und für mich zeichnet sich da ein Schema ab, dass in schöner Regelmäßigkeit zeigt, wie schnell man doch seinen ehemaligen "Freunden" in den Rücken fallen kann und wie schnell man betont, dass man ja schon immer wusste, was für ein Dreckskerl der Andere war. Ich nenne das scheinheilig, ich glaube bei euch im Senat heißt das "Diplomatie", aber was weiß ich schon von Politik.

Du redest von Waffenlieferungen, die den Rebellen bei ihrem größeren Ziel helfen sollen, Drohnen und Raketen sind ja bereits unterwegs.
Ich erinnere mich, dass Saddam Hussein im ersten Golfkrieg und auch Osama Bin Laden in seinem Partisanenkampf mit den Taliban ähnliche Forderungen gestellt haben, die auch erfüllt wurden und wir wissen ja alle wohin das geführt hat.

"President Mubarak has a long history of advancing peace and stability in the Middle East" (Zitat George W. Bush)

Ja selbst Husni Mubarak, aktueller als je zuvor, der Ägypten von 1981 bis 2011 durchgängig im Ausnahmezustand mit Sonderregelungen regierte, kassierte von deiner Heimat und Israel mehr als genug Geld. Und was machte er mit diesen großzügigen Spenden? Nun die Schlägertrupps, die die Anhänger der Opposition mit Schlagstöcken von den Wahllokalen fernhielten, die waren sicherlich nicht umsonst. Und Wahlen mit maximal 23 Prozent Wahlbeteiligung sind unter diesen Umständen alles andere als frei.

Zu behaupten die angebotene Hilfe sei in erster Linie dazu da, die Gewalt so schnell wie möglich zu beenden hakt als Argument ein wenig. Die Weltgeschichte hat mehr als einmal gezeigt, dass die Unterstützung eines Volkes, das den Aufstand probt in erster Linie politischen Interessen folgt, ansonsten hätte es Che Guevara wesentlich einfacher gehabt, oder? Dumm nur, dass der Marx gelesen hat und Kommunist war, dann gibt es natürlich kein Geld.

Deshalb meine Bitte John, überleg doch nochmal, ob es immer Waffen und Gewalt sein müssen um das durchzusetzen was man gerne hätte, in den meisten Fällen ist so etwas nicht beständig und geht oft nach hinten los. Es macht dein Eindruck, dass die Diskussionen, die ihr im Ausschuss führt meist um die Frage "Waffen Ja oder Nein" geht und die Alternativen wie humanitäre Hilfe für die Zivilbevölkerung wie so häufig eine untergeordnete Rolle spielt.

Denn die ersten Flüchtlingsströme, die will am Ende trotz aller Versprechungen gegenüber deinen neuen Helden keiner bei sich haben, irgendwie undurchdacht findest du nicht?

Ich hoffe auf baldige Antwort, bis dann!





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