Donnerstag, 3. Februar 2011

Die "Eiskalte-Engel-Arschloch-Theorie"

Für diejenigen, die den Film noch nicht kennen und gerne sehen würden: Der Artikel spoilert einzelne Szenen sowie das Ende des Films, wer ihn also noch nicht gesehen hat sollte den Artikel lieber nicht lesen!

 

Jeder von uns kennt folgende Situation:
Man ist in seiner Lieblingskneipe und ist nach 5 Bier und ein paar Kurzen endlich auf dem Pegel der hübschen Dame am Tresen den Hof zu machen. Jetzt bloß keinen Fehler machen, schließlich ist sie auch alleine da und trinkt augenmerklich genau so gerne Whyskey wie du. Nur ist es in den seltensten Fällen damit getan miteinander einen Trinkwettbewerb zu veranstalten, es muss also verbale Verständigung her, solange das noch möglich ist. Nur worüber reden? Man kennt die Frau ja praktisch nicht und in 80 Porzent der Fälle geht es ihr an ihrem entzückenden Hintern vorbei, dass die Chicago Bulls diese Saison extrem gute Aussichten auf die Playoffs haben. (Das haben sie übrigens)
Also greift man zu altbewährten Mitteln wie Musik, Kino und Dvds.

Und vielleicht kommt man dann irgendwann auch mal bei dem Film "Eiskalte Engel" an. Versteht mich nicht falsch, meiner Meinung nach ist der Film klasse, der Plot ist duchweg gut, die Schauspieler überzeugend und der Soundtrack kann sich sehen lassen.
Doch kommt es zum Ende des Films, so packe ich gerne meine oben erwähnte "Arschloch-Theorie" aus. Warum die so heißt? Nun weil sie den Film und seine Aussage komplett auf den Kopf stellt und so viele Frauenherzen bricht und meine Score-Chancen oft auf 0 senkt! :)

Doch fangen wir chronologisch an, um meine Theorie zu untermauern, hier also der Anfang des Filmes:
Copyright: Kinowelt GmbH

Was sehen wir also? Sebastian fährt in seinem schwarzen Jaguar den Highway runter, auf der Nase seine schwarze Sonnenbrille, neben sich auf demBeifahrersitz sein Tagebuch und dazu dieses selbstichere Grinsen, dass er fast den ganzen Film beibehalten soll.
Er ist die Sorte Typ, dem alles in den Schoß fällt (im wahrsten Sinne des Wortes), ein Macho, der durch seinen Charme alle Frauen schwach macht und rumkriegt. Das macht er auch gleich klar, denn in der darauffolgenden Szene erfährt seine Therapeutin, dass er Nacktbilder ihrer Tochter ins Internet gestellt hat.

Die Haupthandlung dürfte ja weitestgehend bekannt sein.

Spoiler

Sebastian verfolgt das sportliche Ziel, jede Frau, die es ihm wert scheint in die Kiste zu kriegen. Mit seiner Stiefschwester Kathryn geht er die Wette ein, die jungfräuliche Annette rumzukriegen, als Belohnung winkt ihm dafür eine Hafenrundfahrt mit seiner Stiefschwester.
Doch natürlich kommt alles anders und er verliebt sich zum ersten Mal. Seine Aufopferungsbereitschaft geht sogar so weit, sich selbst seiner Liebe wegen zu opfern.

Zum Ende des Films sieht man alle Charaktere zu der Beerdigung Sebastians in der Kirche versammelt. Während seine Stiefschwester eine herzzerreißende Grabesrede hält bricht ein Tumult aus und vor der Kirche hat Annette dafür gesorgt, dass die bloßstellenden Tagebucheinträge Sebastians über seine koksende Stiefschwester verteilt werden.



Doch sehen wir es uns doch das Ende noch einmal genau an:

Copyright: Kinowelt GmbH

Spoiler

Das Ende vom Film ist also, dass Annette mit Sebastians Auto dem Sonnenuntergang entgegenfährt und ihre große Liebe gerächt hat.





FALSCH.....zumindest vielleicht. :)

Auffallend sind doch die absoluten Parallelen zum Filmanfang. Wieder sehen wir den schwarzen Jaguar, wieder liegt das Tagebuch darin, Annette hat praktisch dieselbe Sonnenbrille wie Sebastian an und grinst kurz am Ende genauso wie er......SIE IST PRAKTISCH SEBASTIANS EBENBILD.

Warum diese Parallelen zum Anfang des Filmes, wo er sie noch gar nicht kannte und ein ganz anderer Mensch war?
Der Großteil der Leute, die den Film kennen werden gerade wegen der eingespielten Szenen ihrer gemeinsamen Romanze sagen, dass sie grinst, weil sie Sebastian gerächt hat und ihn liebt.

Aber hakt der Vergleich nicht etwas?

Hat sie denn soviel Grund zum Lachen?

Er ist mehr oder weniger ihretwegen gestorben und alles was dem unschuldigen Mädchen von Nebenan einfällt ist an seiner Beerdigung nicht selbst anwesend zu sein sondern seine Schwester zu demütigen und mit seinem Auto und seinen intimsten Gedanken abzuhauen?


Nehmen wir mal die Fakten zusammen:
1. Sebastians Ruf war allseits bekannt, selbst Annette sagt das zu ihm im Film, sie weiß also genau worauf sie sich einlässt.

2. Sie quartiert sich "rein zufällig" im Ferienhaus seiner Tante ein. Selbst ohne von der Wette zu wissen war eigentlich klar, dass Sebastian so oder so von ihr erfährt und sie genau in sein Beuteschema fällt.

3. Natürlich konnte sie nicht wissen, dass er bei dem Kampf gegen Ende überfahren wird, völlig klar, aber es muss ja auch nicht ihr Ziel gewesen sein ihn umzubringen. Gegen Ende des Filmes sieht man immer mehr, wie das Verliebtsein Sebastian innerlich auffrisst und völlig fertig macht, ähnlich wie seine Liebschaften vorher sich gefühlt haben müssen.

4. Einer der wichtigsten Punkte um meine Theorie zu untermauern: Das genial passende Lied von The Verve am Ende:

Bittersweet Symphony, die bittersüße Symphony 

Ein Song, der gerade wegen dieser Szene um einiges berühmter wurde und wer sich mal ein wenig mit dem Text beschäftigt hat, dem wird folgende Textstelle bekannt vorkommen:


No change, I can't change, I can't change, I can't change
But I'm here in my mould, I am here in my mould.
And I'm a million different people from one day to the next...
I can't change my mould, no, no, no, no, no, no

"Keine Veränderung, ich kann mich nicht ändern, ich kann mich nicht ändern, ich kann mich nicht ändern,
Dennoch bin ich hier wie ich bin, ich bin hier wie ich bin.
Und von einem Tag auf den nächsten bin ich eine Million verschiedene Persönlichkeiten…
Ich kann mich nicht verändern, nein, nein, nein, nein, nein, nein, nein..."

Von einen Tag auf den anderen jemand anderes sein also. Interessant oder? :)



Was wenn die Parallelen zum Anfang ganz bewusst gewählt wurden, um klar zu machen, dass sie zu Sebastian geworden ist, vielleicht sogar von Anfang an wie er war?
Was wenn sie nur ein Spiel mit ihm gespielt hat und niemals das unschuldige aufrichtige Mädchen war, dass er so gern in ihr sehen wollte?
Was wenn Sebastian am Ende seiner Karriere selbst Opfer einer Persönlichkeit geworden ist, die dasselbe Spiel wie er spielt?

Wenn man sich die zwei Szenen noch mal im Vergleich ansieht, fällt auch auf, dass während Sebastian in die Stadt reinfährt, Annette den gleichen Weg nimmt, allerdings in die entgegengesetzte Richtung, ein relativ krasser Kontrast für zwei Szenen, die sich sonst doch so sehr ähneln.

Vielleicht, und eben nur vielleicht, ist ihr Grinsen am Ende des Films ein siegreiches, weil sie ihr Spiel gespielt und gewonnen hat.

Und meiner Meinung nach würde dass dem Film so viel mehr Tiefe geben, allein durch die Möglichkeit, dass es so sein kann. Es wird nicht klar gesagt, dass sie gut oder böse ist, aber das Grinsen am Ende lässt Raum für Interpretation. Noch einmal: ich sage nicht, dass es so ist, sondern, dass es möglich ist.
Seht euch die Szene nochmal an und fragt euch selbst.

Nun, das Ende vom Lied ist, dass ich ganz anders als Sebastian wegen eben dieser Theorie meine Chancen nicht allein nach Hause zu gehen eher verschlechtere, weil es aus der sehr beliebten Romanze etwas diabolisches macht, was in Frauenkreisen meist nicht gern gehört wird. Da hilft auch die "Komm mit und ich beweise es dir" Masche meist nicht mehr. ;)

Was lernen wir also daraus?
Zum einen, dass nicht immer alles so ist wie es scheint und zum anderen, dass ich vielleicht manchmal doch lieber beim Whyskey bleiben sollte als bei meinen wilden Theorien.


Entsprechend folgt also nicht meine "Patrick Swayze-Dirty-Dirty-Dancing-Theorie". Und die hätte es wirklich in sich!  ;)

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