Dienstag, 8. März 2011

Gestatten, Gut(t)enberg...

Gestatten, mein Name ist Gutenberg......Johannes Gutenberg. Wie war das? das hätten Sie jetzt aber nicht erwartet? Dabei bin ich ein Mann der Bildung und das ganz ohne Doktortitel. Ich war es, der das Buchdruckverfahren durch bewegliche Letter entscheidend vorangetrieben hat und somit dazu beigetragen hat, dass heute Hunderttausende bedeutende Bücher lesen können, etwa Thilo Sarrazins "Deutschland schafft sich ab", die Biographie von Dieter Bohlen oder "Das kommunistische Manifest" von Karl Marx.

Schon ironisch, finden sie nicht? Ich erlangte Weltruhm dadurch, dass ich es ermöglichte das geistige Werk anderer möglichst effizient und vor allem schnell zu vervielfältigen.
Selbstverständlich habe ich mich stets darum bemüht, den geistigen Urheber jener Werke um Erlaubnis zu bitten. Lediglich bei dem Druck der Bibel wurde die Frage nach dem "Copyright-Inhaber" etwas problematisch. Aber wir sind uns doch hoffentlich alle einig, dass es absolut im Sinne des Herrn war, sein Wort in Schriftform in die Welt herauszutragen. Ähnlich zufrieden wird er auch mit dem Druck der Ablassbriefe gewesen sein und erst Recht damit, dass die frommen Bischöfe das damit zu zahlende Geld in ihre Taschen wandern ließen, denn was ist schon schnöder Mammon im Angesicht des Herrn.

Nun hörte ich aber von jenem (fast) Namensvetter von mir, der durch eine ähnliche Situation schwer in die Bredouille kam. Die Rede ist natürlich von

Karl Theodor Maria Nikolaus Johann Jacob Philipp Franz Joseph Sylvester Freiherr von und zu Guttenberg.

KTMNJJPFJSFvuzG
Ich mag nun etwas spießig klingen aber entweder erwarteten die guten Eltern dieses Herrn Zehnlinge oder sie waren arg unentschlossen, was das Feld Namensgebung anging. 
In jedem Fall gewann dieser Mann kürzlich noch mehr Publicity als sie ihm schon ohnehin zukam.

Abgeschrieben hat er.
Abgeschrieben ist er nun.
Betrogen hat er mit Sicherheit.
Ja geradezu hinterhältig und für die Wissenschaft untragbar ist er geworden.

Die Rede ist natürlich von der aktuell anscheinende brennend interessanten  Diskussion um das Phänomen Guttenberg und dessen dazugehörige Plagiats-/Doktorarbeit.
In den letzten Wochen wurde in allen guten wie schlechten Diskussionsrunden von Gott und der Welt ge- und beurteilt was der gute "KT" (hippe Abkürzung Nummer 1, zitiert aus dem Spiegel) nun tun sollte oder zu erwarten hat.

Die Kommentare gingen von Solidaritätserklärungen und Bemitleidung über Anprangerei, öffentliche Beleidigungen und übler Nachrede, es wurde also einiges an Unterhaltung geboten. Der Fakt, dass die Hälfte der Fachleute und Prominenten (Ann.: Siehe Dschungelcamp), die zu Wort kamen weder einen Doktortitel erworben hatten, noch die diskutierte Doktorarbeit gelesen und selbst auf Authentizität und Plagiatpassagen überprüft hatten setzte jedwede Diskussionsrunde schon vor dem ersten Wort ad absurdum.
Was dabei rauskam waren mehr oder weniger interessante Gesichter, die mit wenig Ahnung lieber über die politischen Konsequenzen eben jender "Affäre" diskutierten, als auch nur im Ansatz zu diskutieren wie tiefgreifend und vielleicht auch menschlich eben jene Tat von
"Dr. Copy & Paste" (hippe Abkürzung Nummer 2, zitiert aus dem Stern) war.
Das Interessante dabei ist, dass es anscheinend völlig nebensächlich, ja gar gleichgültig war, dass die Person, die durch jene Affäre am öffentlichen Pranger steht nicht mit diskutierte oder anwesend war, vermutlich aus einem guten Grund, denn eine sinnvolle Basis zu einer fundierten Diskussion suchte man quer durch alle Sender vergebens.

In einigen wenigen Talkrunden kamen Wissenschaftler zu Wort, die anprangerten, dass Täuschungsversuche dieser Art der Reputation und dem Ansehen wissenschaftlich arbeitender Akademiker schaden wird und kann.
Nun, das ist durchaus verständlich. Akademiker die sich wissenschaftlich betätigen bauen auf ihre Reputation, die eng mit dem akademischen Grad verbunden ist. Wenn Fälschungen eben jener Arbeiten an der Tagesordnung stünden würde der Wert ebenjener Auszeichnungen gegen Null wandern, insofern war dieser Ansatz der einzig schlüssige und vertretbare in all dem Diskussionsbrei.

Für die Wissenschaftler, die zu Wort kamen war es also einfach und naheliegend mit dem Finger auf den Politiker zu zeigen und zu zeigen: Da steht der schwarze Mann, er ist an allem Schuld!

Wirklich?
Und es wundert also niemanden, dass sein Doktorvater im Jahre 2011, also 4 Jahre nach Publikation der Dissertationsschrift plötzlich empört aufschreit und klarstellt, dass die Arbeit unvorstellbare Mängel enthält? Bin ich der einzige, der hier einen toten Hahn krähen hört, der seinen damaligen Mangel an Sorgfalt  jetzt schnell bereinigen will, um so dem öffentlichen Pranger zu entgehen, an dem er seinen Doktoranden nun alleine stehen lässt. Das spricht für den Respekt, den man sich anscheinend als wissenschaftliche Arbeitsgemeinschaft gegeneinander zollt und zieht den Begriff  "Doktorvater" ins Lächerliche.

Wäre es nicht viel sinnvoller, wenn die akademische Elite sich Sorgen macht, dass ein solches Verhalten der betreuenden Seite der Wissenschaft viel eher schaden könnte?
Ist es so selbstverständlich, dass Karl Theodor von und zu Guttenberg als junger Doktorand keinerlei Hilfe brauchte um jene umfassende Arbeit, die über viele Jahre hinweg geschrieben wurde zu überprüfen und sicherzustellen, dass er ebensolche Zitate auch richtig gekennzeichnet hat?
Wenn ein Doktorvater nicht dazu da ist, dann frage ich mich wofür sonst, außer dass er seinen Namen ebenfalls unter die Arbeit setzt um seine Reputation weiter zu pflegen.

Quelle: Hariadhi
Der Hauptteil der Unwissenden verbreitete gern jedem der es hören will oder auch nicht die fachkundige Meinung, dass ein Politiker, der flunkert nicht tragbar ist.

Aber ist "KTG" (hippe Abkürzung Nummer 3, zitiert aus dem Spiegel) denn dadurch ein soviel schlechterer Mensch als wir alle?

Gehen wir doch einmal zu Johannes von Gutenberg und dessen Druck der Bibel zurück. Darin steht und ich zitiere es hoffentlichg korrekt:

"Wer unter euch ohne Sünde ist, der werfe den ersten Stein" (Johannes Evangelium Kapitel 8 Vers 7)

Im übertragenen Sinne gibt es praktisch niemanden von uns der durch all seine Latein-, Mathe-, Englisch- und Religionsklausuren gekommen ist ohne wenigstens teilhaft ein Plagiat des Nebenmanns anzufertigen und ich bin mir sicher, dass jeder von uns wissentlich vergessen hat, seinen Sitznachbarn richtig zu zitieren.

Als Fazit bleibt nur zu sagen, dass gefälschte oder kopierte Doktorarbeiten durchaus nicht erstrebenswert sind, es aber durchaus fraglich bleibt ob dies Grund genug ist einen ansonsten guten Politiker aus seinem Amt zu jagen, aber wie wir ja alle wissen:

Wahlkampf ist eben das ganze Jahr!


Wissen Sie was? Ich sollte über das Thema mal eben eine Doktorarbeit verfassen, in dem stillen Wissen, dass sie mir irgendwann einmal karrieretechnisch das Rückgrat brechen kann.

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